Samstag, 21. Februar 2009

"Leben, das Sinn hätte, fragte nicht danach."


Seit geraumer Zeit hab ich nur noch DVB-T, was in dieser Region bedeutet: 13 Sender, alle öffentlich-rechtlich. Zuerst hat es sich noch ganz gut angefühlt, das Zappen ohne die ganze Fick-Werbung des nachts, ohne die bleichen Nackten und die runzligen Alten - alle mit 0190er Nummer.

Doch wenn sich der Nebel legt und die heere Kultur sich Bahn bricht - die 3. Wiederholung von Guido Knopps "Best of Holocaust" oder "Des Führers Schäferhund" in den frühen Morgenstunden, die Daueranwesenheit von Carmen Nebel, die behinderte Kinder für die Spendenmarathon-Sendung einpeitscht, die große Pilcher-Reihe gefolgt von der Inga-Lindström-Reihe im ZDF (in Gedanken unbedingt wie Dieter Thomas Heck betonen), was bleibt dann?

Ja, genau, das Vemissen der Sendungen, die tatsächich Statements über die Denkungsart der (westlichen) Welt abgeben: Model und Freak, Germany's next Top Model, DSDS usw.
Und was ich ganz dringend möchte: Adorno aus seinem cryogenischen Kälteschlaf rütteln und ihn zwingen, sich das alles anzusehen, zusammen mit Michel Houellebecq - die sollen das dann bitte Waldorf-und-Statler-mäßig kommentieren...

Oft liegt ja im Zwiespalt zwischen Unterhaltung und Hirnspaltung der Reiz. Und mittlerweile bin ich mir zumindest sicher, dass der Untergang unterhaltsam sein wird - das werden wir dann auch bitter nötig haben!

Oder in Blaise Pascals Worten bzw. Pensées:

"Da die Menschen kein Heilmittel gegen den Tod, das Elend, die Unwissenheit finden konnten, sind sie, um sich glücklich zu machen, darauf verfallen, nicht daran zu denken. [...] Das Elend des menschlichen Lebens hat den Grund zu all dem gelegt: da sie das erkannt haben, haben sie die Zerstreuung gewählt."

- so, please, let me entertain you!

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich glaube - abseits von Zerstreuung und Elend - an die Möglichkeit einer Insel.

Des_Esseintes hat gesagt…

Ja, die Möglichkeit einer Insel, das wäre schön! Ich glaube, ich bin in letzter Zeit etwas zu fatalistisch drauf. Deswegen ist der Schritt zu M.H. auch oft nicht weit, obwohl ich den eigentlich eher lustig als deprimierend finde, naja...


Kamel,
Gegenwart der Kamele.
Mein Minibus hat sich verfahren.

(M.H. in "Lanzarote")

Des_Esseintes hat gesagt…

So, - obwohl es heute blöder nicht sein könnte, hab ich mich nun (wider besseres Wissen) auch dazu entschlossen, an die Möglichkeit einer Insel zu Glauben.
Das kann ja so auch einfach nicht weitergehen!

Ralf Mischer hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Ralf Mischer hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Ralf Mischer hat gesagt…

Eben, es kann so keinesfalls weitergehen und schon der Dr. Mabuse, Verzeihung, Marcuse, brachte punktgenau zum Ausdruck, was sich uns heute noch viel vehementer offenbart.

Diese Gesellschaft ist obszön, auch ohne die Obszönitäten auf den privaten Mitternachtstitten
Call-Ins (Früher gab es Sit-Ins, dann Sex, heute eben Call-Ins, dann …, so what?)
Marcuse schrieb:

"Diese Gesellschaft ist insofern obszön,
als sie einen erstickenden Überfluss an Waren produziert
und schamlos zur Schau stellt, während sie draußen ihre Opfer
der Lebenschancen beraubt, obszön, weil sie sich und
ihre Mülleimer voll stopft, während sie die kärglichen
Nahrungsmittel in den Gebieten ihrer Aggression vergiftet
und niederbrennt; obszön in den Worten ihrer Politiker und Unterhalter."
(- Versuch über die Befreiung.)

Interessanter Verfremdungseffekt, wenn man zuerst H.M. und dann M.H.liest:

"In einem Massagesalon gerät man natürlich sehr selten an ein Mädchen, das Lust zum Vögeln hat. Kaum waren wir im Zimmer, da kniete Sin sich vor mich hin, zog mir die Hose und den Slip herunter und nahm mein Glied zwischen die Lippen. Es wurde sehr bald steif. [...] Massage later, sagte sie, während sie sich aufs Bett legte, dann spreizte sie die Schenkel"
(- Plattform.)

Anonym hat gesagt…

Ich finde es sehr gut, dass Sie den Untergang mit Germany's-Next-Topmodel-Abenden zelebrieren! Dabei sein ist alles!