Mittwoch, 8. August 2012

Kommune oder Kaisertum


„Für 2 Mark den Bauch voll.“, sagst Du und machst ein halbes Kilo Nudeln mit Pesto. Ich reibe den Käse, dann essen wir. 
Du putzt später die Fenster mit alten Zeitungen, in denen steht, wie die ganze Sache ins Wanken geraten ist. Eine davon zeigt die brennende EZB auf dem Titelblatt. Auf der Rückseite entdecke ich später den Wiederabdruck von Noam Chomskys berühmter Rede, gehalten kurz vor der großen Destabilisierung. Die anderen herumliegenden Zeitungen zeigen den ausgebombten Firmensitz von ExxonMobile, die Erstürmung des Procter&Gamble Headquarters durch die Massen, die unter Wasser gesetzten Büros der E.ON. Frankfurter Rundschau, Süddeutsche, Zeit. Die BILD gibt’s nicht mehr, das Springerhaus brannte schon ein paar Tage vor der EZB.
Seit die Fernsehsender nicht mehr senden, ist es stiller in den Straßen. Da ist Kerzenlicht an den Fenstern und Katzen liegen faul im Rinnstein. Die Autos stehen still, Sprit gibt’s schon lange nicht mehr, aber Fahrräder werden einem sofort geklaut, wenn man auch nur eine Sekunde zur Seite schaut.
Gute Cocktails gibt’s merkwürdigerweise immer noch, zumindest wenn man den Meister mit Kaffee versorgt. Aber auch unsere Kaffeevorräte sind nicht unendlich. „Ich weiß, wie der Hase läuft.“ sagst du und holst ein Pfund Fairtrade Guatemala Grande aus dem Erddepot am Fuße der drei mächtigen Buchen, die lustig im Abendwind nicken.
Später lese ich in einem absonderlichen Büchlein – „Der Taschentherapeut: in 60 Sekunden wieder okay“ – die alte Binsenweisheit, dass jede Krise, vor allem eine Chance sei.