Freitag, 25. Januar 2013

Wissenswertes für Eltern

Trinken Kinder von 3 Jahren Kirschsaft bei Dunkelheit und Sturm, bekommen sie unproportional große Füße.

Fahren Zehnjährige im Winter bei Ostwind und gleichzeitigem Schneefall mehr als 3 Stunden mit dem Schlitten, verschieben sich die Augenbrauen in Richtung Ohr.

Lässt man Kinder in ihrem siebten Lebensjahr an Gold lecken, mögen sie niemals im Leben Labskaus.

Zeigt man Zweijährigen einen Western in der letzen Aprilwoche, neigen sie später zu Ohrläppchen in der Form von Peru.

Sitzen Vierjährige mehr als 2 Stunden bei Schlagermusik gegen die Fahrtrichtung im Zug, können sie niemals ohne schreckliche Quietschgeräusche an eine Tafel schreiben.

Tunkt man die kleinen Zehen von Fünfjährigen in Nussöl, bekommen sie ein besonders feines Gehör.

Liest man Achtjährigen rückwärts aus dem Buch Deuteronomium vor, werden sie später besonders umsichtige Autofahrer.

Montag, 21. Januar 2013

Meanwhile


Als ich meine Aufzeichnungen vom Vortag noch einmal las, wurde mir klar, dass Kaffee der Grundstein für alles ist.

Ohne Kaffee gibt es nichts zu wollen. Nicht im Mindesten.
Und deswegen brauchen wir einen Kaffee, damit wir einen Gedanken haben, damit wir einen Garanten haben, dass es weitergeht.
Und diesen Kaffee sollte es möglichst pünktlich zum Tagesstart geben – was nicht heißt, dass es nicht auch einen Kaffee zum Ende des Tages, also in der Nacht, geben sollte. Der Nachtkaffee ist ebenso wichtig wie der Morgenkaffee, der ja auch oft erst ein Mittagskaffee ist.

Meanwhile in the Sheraton:
Doctor Jeep plays on and on and on...

Meanwhile in Troja:
Ein Althistoriker treibt die Seinen zu Höchstleistungen an. Alle buddeln in einem verbotenen Gebiet und werden daraufhin festgenommen.

Meanwhile in Paderborn: Ein Ex-Literaturwissenschaftler überlegt, auf seine alten Tage noch Gegenwartsdramatiker zu werden. Er ist naiv. Er ist sich ganz sicher, dass man da eine Menge Geld machen kann. "Da liegt Gold im Drama", flüstert er gedankenverloren.

Meanwhile im Portemonnaie:
Hm, denkt das schwach unterfütterte Geldstück, warum bin ich nie so richtig in den monetären Kreislauf eingetreten, immer nur in Deutschland geblieben, nie durch schwitzige Hände nach Italien gereist, die früher Millionen Lira hielten. Manchmal lag ich ja schon mit einem französichen Zwei-Euro-Stück im Lederbett, das war ein potentes Bürschchen. Und bei den Ärmsten, das weiß das Kleingeld, hat man es im Münzfach am besten. Manchmal wird man zur Glückmünze und tritt aus der Gesichtslosigkeit hinaus, streift die Larve der Uniformität ab – bis schließlich ein Astra Pils mit einem bezahlt wird. Dann lungert man vielleicht die ein oder andere Nacht in einer nach Zigarettenrauch stinkenden Kassenschublade herum und vertreibt sich die Zeit mit ein paar Kupfermünzenaufziehereien. 

Meanwhile meanwhile: Der Kaffee ist fertig!

Samstag, 19. Januar 2013

Licht aus

"Mach das Licht aus, mach es aus, AUS!", schreit er, und dann: "Sie sehen uns, verfluchte Scheiße, sie können uns sehen!"
"Wer jetzt noch gleich?", frage ich etwas verwundert. Schließlich lagen weder Waffen noch Pamphlete auf dem Tisch. Da waren nur zwei Tassen Kräutertee - und es waren noch nicht einmal besonders seltene Kräuter. - Aber sei's drum: ich lösche das Licht und warte auf seine Antwort.
"Du weißt schon: SIE! Mensch, die Mikrofone, da kann ich doch jetzt nicht drüber sprechen, mal ehrlich, das kannst du doch nicht von mir erwarten.", flüstert er in einer Art angestrengt superleisem Brüllton.
"Also Wirklich!", raune ich zurück "Das sind doch nur Gedanken, zerebrale Feuer, neuronale Salven, das kann doch keinen stören."
"Aber was wir so denken", nuschelt er kaum hörbar, "rüttelt doch an den Grundfesten von Glauben, Staat und Fiskalsystem."
"Na, ich weiß nicht!", gebe ich halblaut zweifelnd zurück. 
Er zischt panisch, sieht mich erschreckt an, weist nach draußen in die Nacht.
Und tatsächlich: Am Fenster auf der gegenüber liegenden Straßenseite steht eine Katze mit einem Fernglas an den Augen. Damit nicht genug: später sehe ich im Park zwei Eichhörnchen beim Wegschleppen eines Richtmikrofons, und ein Igel, der mich einige Zeit verfolgt, notiert im Licht eines verwaisten Hauseingangs etwas in ein winziges Büchlein.

Ganz ehrlich, von der Katze hätte ich das vielleicht noch gedacht, aber Eichhörnchen und Igel kamen mir nie wie Denunzianten vor. 

In einem dunklen Zimmer sitzend, trinken wir später nächtens in schwarzer Kleidung schwarzen Kaffee aus schwarzen Tassen - und schweigen. Er hat sich sogar mit Kohle das Gesicht geschwärzt. Soweit wollte ich dann aber doch nicht gehen...

Dienstag, 15. Januar 2013

To Do Liste

Anleitung zur Selbstverwertung schreiben
Auch Weltherrschaft möglich
Und nicht vergessen Schürfrechte zu erwerben
Fast so wichtig wie die Drehgenehmigung
Dann Kerze ins Fenster stellen
(Für verlorene Seelen)
Und Spektralanalyse durchführen
Radiokarbonmethode tuts aber auch
Beim Mangelservice anrufen

Oder doch besser gleich in die Kopfklinik?

Samstag, 12. Januar 2013

Kohelet 1,2-11


Trinkt nur weiter eure Energydrinks, updated täglich eure Facebook-Profilfotos, dokumentiert euer leeres Leben, die ganzen miesen Restaurants und Zerstreuungen, sammelt Freunde im Dutzend, fotografiert eure Outfits und Schminkutensilien, absolviert eure runtastic-Runden. Definiert euch durch das, was die Kaufkraft erlaubt, bloggt euren Sermon, kontrolliert den Pagerank, gebt euren Geräten Namen, beklebt eure Handys mit Symbolen, schaut eure Shows, die neusten 3D-Filme, lest eure schwachsinnigen Bücher voller Pseudo-BDSM, lasst euch die Genitalien piercen, rammelt zu den Melodien der Hitparade, schlürft eure Cocktails im Stehen, steht an hippen, bunt leuchtenden Tischen in Clubs, geht zu kulturwissenschaftlichen Vorträgen, redet was von Sublimation und Theoriebildung, Paradigma und Diskurs, reflektiert euer schuldloses Geworfen-sein in diese Welt, trinkt Wasser aus französischen Gebirgen, bastelt an Netzwerken und Karriere, kackt im Stehen und pisst im Sitzen.
Es kann schließlich nicht jeder ein Amundsen sein: Allein, in der weißen Hölle, schreiend, bei sich.

Sonntag, 6. Januar 2013

Kleines Senfkorn Hoffnung

Man liest vom Luminalschema und diesen Fabriken, den Morden des Westens, dem Kollateralschaden des Luxus', von den neuesten Gadgets und der Legitimationsdebatte der Geisteswissenschaft im Großen und Ganzen, kultureller Kodierung der Körper, moralischer Entrüstung und Abrüstung, Killer Cotton und Handarbeit, instrumentalisierten Antisemitismusvorwürfen und Arschlecken. Man liest in bunten Magazinen und auf hochauflösenden Bildschirmen der Apps, die uns den Blick auf die Welt verstellen, man lädt sich den Beipackzettel als PDF herunter, formatiert die Exceltabelle um, startet die abgeschmierte SAP-Applikation neu, lutscht das Bonbon mit künstlichem Litschigeschmack, verbittert.
Am Ende des Tages versickert das ganze unerträgliche Wissen langsam in den Ritzen der Nacht, doch die Unruhe bleibt, dieses unkontrollierte Zucken der Hände, der Wunsch, das Medikament auszuschleichen, doch es geht nicht, dann würde man ja unsediert vor diesem Berg aus Leichen und Hochglanzprospekten, Produkten und Softwareupdates stehen.
Und eben hält man alles für verraten und verloren, da sieht man im Schatten der regen- und sturmgeschüttelten Straßenlaterne die Hündin am Fenster sitzen, die ganz leise "Kleines Senfkorn Hoffnung" intoniert.