Samstag, 19. Januar 2013

Licht aus

"Mach das Licht aus, mach es aus, AUS!", schreit er, und dann: "Sie sehen uns, verfluchte Scheiße, sie können uns sehen!"
"Wer jetzt noch gleich?", frage ich etwas verwundert. Schließlich lagen weder Waffen noch Pamphlete auf dem Tisch. Da waren nur zwei Tassen Kräutertee - und es waren noch nicht einmal besonders seltene Kräuter. - Aber sei's drum: ich lösche das Licht und warte auf seine Antwort.
"Du weißt schon: SIE! Mensch, die Mikrofone, da kann ich doch jetzt nicht drüber sprechen, mal ehrlich, das kannst du doch nicht von mir erwarten.", flüstert er in einer Art angestrengt superleisem Brüllton.
"Also Wirklich!", raune ich zurück "Das sind doch nur Gedanken, zerebrale Feuer, neuronale Salven, das kann doch keinen stören."
"Aber was wir so denken", nuschelt er kaum hörbar, "rüttelt doch an den Grundfesten von Glauben, Staat und Fiskalsystem."
"Na, ich weiß nicht!", gebe ich halblaut zweifelnd zurück. 
Er zischt panisch, sieht mich erschreckt an, weist nach draußen in die Nacht.
Und tatsächlich: Am Fenster auf der gegenüber liegenden Straßenseite steht eine Katze mit einem Fernglas an den Augen. Damit nicht genug: später sehe ich im Park zwei Eichhörnchen beim Wegschleppen eines Richtmikrofons, und ein Igel, der mich einige Zeit verfolgt, notiert im Licht eines verwaisten Hauseingangs etwas in ein winziges Büchlein.

Ganz ehrlich, von der Katze hätte ich das vielleicht noch gedacht, aber Eichhörnchen und Igel kamen mir nie wie Denunzianten vor. 

In einem dunklen Zimmer sitzend, trinken wir später nächtens in schwarzer Kleidung schwarzen Kaffee aus schwarzen Tassen - und schweigen. Er hat sich sogar mit Kohle das Gesicht geschwärzt. Soweit wollte ich dann aber doch nicht gehen...