Ganz genau wie ich mir das vorgestellt habe: DJ Schnürschuh
legt auf und es ist ziemlich Old School und etwas Detroit, nur noch deeper.
Apropos DJ Schnürschuh: habe gesehen, wie er angekommen ist
mit seinen Plattenkoffern und Turntables. Er fährt einen Bulli, den er wie
einen Tiger angemalt hat (vorne hat er doch tatsächlich aus alten Kabeln noch ein paar Schnurrhaare angeklebt) und hinten drin ist so eine Spielwiese aus bräunlichen
Cordkissen, falls er, wie er formuliert, „willfährige Bitches abgreifen“ kann.
Seinen Tigerbulli nennt er deswegen in Abwesenheit von Damen (und meiner Meinung nach reichlich prosaisch!) gerne die
Bumsburg. – Nicht, dass ihr jetzt glaubt, ich würde DJ Schnürschuh besser
kennen, nein, er erzählt das gerne jedem, der nicht bei 5 auf den Bäumen ist.
Auf jeden Fall spielt er Cybotrons Alleys of you Mind und was von Blake Baxter oder Octave One. Das
ist jetzt nicht so ganz meine Musik, aber die Bude ist ziemlich abgedunkelt, wir haben alle was Buntes im Glas und
einer improvisiert auf seiner Sitar dazu, bis wir unisono überzeugt sind: das
ist der Sound der Zukunft. Wir trinken aus neuen Gläsern andere bunte Sachen
und essen Früchte, die in Wodka oder Absinth oder was auch immer eingelegt
waren. Das schmeckt uns irgendwie. Verdammt, ja, und es zeigt auch Wirkung: Existenzielle Wesensmerkmale wie Faulheit und Muße kristallisieren sich aus der um sich greifenden Entschleunigungstaktik und einer schreit, kaum mehr bei Sinnen: "Durch die Nacht, die mich umfangen, blickt zu mir der Töne Licht." Die Sache war die: es ging uns nicht allzu schlecht.
DJ Schnürschuh fummelt sich unterdessen ein Mash up zusammen
aus 'nem Stück von Underground Resistance und irgend einem symphonischen
Tribal-Zeug, stapelt Loop auf Loop und Fläche auf Fläche – wirklich keine
Ahnung, was das werden soll, wenns fertig ist.
Als es dann fertig ist, ist das ein ganz versponnener Track,
der so richtig endlos mitten hinein in das Bewusstsein fährt, wie eine alte
Dampflok, nur deeper, und gleichzeitig so eine Gemütlichkeit und ein
Lass-dich-mal-reinfallen ausstrahlt, wie ein altes geliebtes Sofa, das man vor
dem Sperrmüll gerettet hat, wo man dann mit seinem Hund zusammen drauf rum
liegt und mit dem Fuß wippt und sich mit Fingerfarbe was richtig Nettes ins Gesicht malt. - - Wir erfahren einen Moment totaler Unschuld und ein
besonders sensibles Mädel mit grünen Strähnen im Haar vergießt rythmisch ein
paar heiße Tränen.
Alles in allem baut der gute alte Schnürschuh uns ein
soundiges Zuhause und keiner will mehr weg, bis irgendwer ein Fenster aufmacht
und man von draußen die blöden Vögel kreischen hört mit ihrem hektischen
„Das-ist-jetzt-dieser-dolle-frische-Morgen“-Ding.
Schnürschuh dreht die rpm was runter und wir segeln auf
einer Barke in eine behagliche Sonnenfinsternis, bis ich höre, wie er
rumflüstert, wenn die Mädels jetzt müde wären, er hätte da ne total bequeme
Liegefläche im Bulli, da wärs auch warm und man könnte es ganz dunkel machen,
nein, das bereite ihm keine Umstände, ja, da sei auch Platz für drei.
Na denn, denke ich. Und zum Abschluss läuft, mit
abgeregeltem Tempo und total hypnotisch Nine
while nine, und Chrissi, ja Chrissi hat auch noch was ganz Leckeres zu
rauchen da. Und während er mir mit nonchalanter Geste etwas davon rüber reicht sagt er "Die gesellschaftliche Wirklichkeit hat mit dieser Nacht absolut nichts zu tun, leider."
2 Kommentare:
Chrissi?! Ich hoffe, dass Ähnlichkeiten mit lebenden Personen rein zufällig sind.
Üblicherweise gilt ja "The names have been changed to protect the guilty" :-)
Wie genau das in diesem Falle ist, weiß ich gar nicht zu sagen...
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