- „Sag mal, kann ich die Musik was leiser drehen?“
- „Nur zu, nur zu.“, nickte er.
Seit Tagen hörte er diese Platte, er hatte sie irgendwo auf dem Trödel erstanden, ich hatte darunter zu leiden. Nicht, dass sie schlecht gewesen wäre, nein. Aber drei Tage sind ein großer Teil des Lebens, drei Tage mit dieser gottverdammten Platte im Ohr. Zwischen den Songs konnte ich seine Stimme hören, wie sie von Afrika erzählte. „Äthiopien is’n riesiges Land.“, sagte er und nickte sich selbst bestätigend zu. „In Äthiopien kam irgendwer auf die Idee die Bohne zu rösten.“
Ich konnte es nicht mehr hören. Ich konnte seine Ausführungen zu den Brühverfahren und zur idealen Rösttemperatur (ja, ja, irgendwo im Niemandsland zwischen zweihundert und zweihundertzwanzig Grad Celsius) kaum mehr ertragen. Dabei war er nicht einmal betrunken.
Ich stand auf und drehte die Musik 'ne Nummer leiser. Puh, diese Nächte.
- „Der Orient und Mekka. Alles wichtige Stationen.“, deklamierte er am Fenster stehend, in seiner Hand die Tasse.
- „Weißt du“, sagte ich, „ein paar Marotten hast du, ehrlich.“
Donnerstag, 6. August 2009
M u t a b o r
Die Tage zerschnitten in winzige Abschnitte, Altersvorsorge bedenken, so viel wie möglich kalkulierbar machen, sich endlich ein Uhrenarmband in der richtigen Größe kaufen, die Waschmaschine anstellen, das Weinlaub zurückschneiden, den Ölstand kontrollieren, das Leben den Produkten anpassen, beinahe nie mehr rauchen, die Mittelstreifen der ausgefahrenen Straße nachziehen, seine Habseligkeiten verstauen, zwei mal im Jahr in Urlaub fahren, Sachen vorschnell wegwerfen, die man scheinbar nicht mehr braucht.
Und die Traurigkeit ist so substanzlos, so ohne ersichtlichen Grund, dass ich nichts in ihr sehen kann als eine zufällige Regung, die über mich kommt wie ein lästiger Schluckauf. Man denkt, man gewöhne sich daran mit der Zeit, man denkt, wenn es keinen Grund gibt, gibt es auch keine Traurigkeit, und eben wenn man alles durchdenkt ist sie da, setzt sich zu mir, setzt sich auf mich, setzt sich in mich.
Die Vögel ziehen ihre Ellipsen vor meinem Fenster, es beginnt zu dunkeln, die Silhouette des Dachfirstes bleibt als exakte Linie am Horizont stehen, davor die Schatten der Flügel, die Schatten der Schnäbel.
Und die Traurigkeit ist so substanzlos, so ohne ersichtlichen Grund, dass ich nichts in ihr sehen kann als eine zufällige Regung, die über mich kommt wie ein lästiger Schluckauf. Man denkt, man gewöhne sich daran mit der Zeit, man denkt, wenn es keinen Grund gibt, gibt es auch keine Traurigkeit, und eben wenn man alles durchdenkt ist sie da, setzt sich zu mir, setzt sich auf mich, setzt sich in mich.
Die Vögel ziehen ihre Ellipsen vor meinem Fenster, es beginnt zu dunkeln, die Silhouette des Dachfirstes bleibt als exakte Linie am Horizont stehen, davor die Schatten der Flügel, die Schatten der Schnäbel.
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