Mittwoch, 25. Juli 2012

Zielgruppe



Gehörst Du zur Zielgruppe? Für die angebotenen Produkte oder die soziale Revolution? Für Gegenwartskunst und ästhetische Manipulation, Fluxus und Politik? Die letzte Scripted Reality Show, die Weisheit der Sender und Stationen und der Drohnen, die Dich mit chirurgischer Präzision auslöschen können, wenn Du mit Deinem Seitenschneider die Zäune der Schweine- und Geflügelfarmen zerschneidest und in den Kontrollräumen der Produktionsbetriebe Deine liebevoll selbstgebastelten Bomben auslegst, das Brandbeschleunigergel auf die stahlglänzenden Pulte applizierst. 
Ihre Drohnen sind effektiver als Deine Politik der tausend Nadelstiche, als alle Aktionen Deiner vermummten Gruppe. Ihre Nachtsichtgeräte kosten mehr als Dein Auto, ihre Befehle sind klarer als Dein Bewusstsein. Ihr Sender ragen mit tausend Kilowatt in die Welt, ihre zentral gesteuerte Medienpräsenz vermittelt einfachere Weltbilder, deutlichere Botschaften und buntere Farben. Ihr Geld ist frischer gedruckt als Deine Flugblätter, ihre Institute haben die repräsentativeren Umfragen und überzeugenderen Statistiken.
Doch trotz alledem weißt Du, dass ihre Maschine ohne Glaube ist. Dass ihre Maximen nur maximieren. Du sammelst die neuralgischen Punkte, Du wappnest Deinen Verstand gegen die Verblödung und die Strategien ihrer verzinsten Distraktion.
In der weltweiten Totaldiffusion wird es immer schwieriger, den Trennstrich zwischen Dir und ihnen zu ziehen, den Trennstrich zwischen Medium und Botschaft, zwischen Wahrheit und Lüge.
Die Inkommensurabilität der Situation schützt alle mit unklaren Positionen, die Komplexität lässt jeden, der deutlich dafür oder dagegen ist erscheinen als den, der es sich zu einfach macht. Aber nach wie vor gibt es richtig und falsch.
Tatsächlich, denkst Du, ist es gut, zu ihrer Zielgruppe zu gehören. Sie sind ja auch die Deine.

Donnerstag, 12. Juli 2012

Toilette des Grauens

Bis eben hab ich ja geglaubt, die schrecklichsten Toiletten seien jene am Bockenheimer Campus der Frankfurter Goethe-Universität, aber dieser Kurzfilm hat mich dann doch davon überzeugt, dass es immer noch schlimmer geht.

Mittwoch, 11. Juli 2012

Google Statistics: Search Request


Im Folgenden einige der Suchbegriffskombinationen, über die man in den letzten Monaten auf diese Seite gestoßen ist. Klingt wie eine Reizwort-Schreibaufgabe fürs Kreative Schreiben und ergäbe vielleicht eine ganz hübsche Geschichte :-)

Kaffee Wahrheit Spinnen Koffein
Anti-Schlaf-Aparillos
Größter Tunnel Ohr
Um null Uhr schnappt die Falle zu
Engel machen Terroristen kalt
Alte Brunnen aus Holz
Tiger liegend
Auf dem Meer treiben
Die beste Art sich zu wehren, ist sich nicht anpassen
Grauer Vogel mit schwarzem Kopfhaar
Pflanzen öffnen sich morgens und schließen sich abends
Fotografie im alten Steinbruch mit jungem Mädchen
Heimlich gepupst
Fernsteuerbare Fische
Alte Truhe alte Mauer
Dunkle Gasse Bleistift
Wittgenstein Leiter
Leckt mich doch alle
100 Arten in den Wald zu scheißen
Beschleunigung Medien Vielfalt
Chirurgisch Herz
Ja natürlich Schweinchen
Brutaler Stuhlgang
Kubricks Würfel Kreise
Paula Facebook Fick
Toter ohne Kopf
Arbeiten kaufen sterben
Gesellschaft Dressur
Altes Fünfmarkstück
Schlafmohn Blätter
Falsches Spiegelbild
Totenmaske
Wurzel mit Schubladen
Nekrophilie tatsächliche Fälle
Teufelshörner mit Photoshop
Wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt
Salafisten mit Messer
Spiegel blind Struktur
Nur Idioten klopfen an die Scheibe

Donnerstag, 5. Juli 2012

Ich geb dir gleich Herrschaft der Logik, du Drecksack

Am Rande von Wäldern und Ozeanen stehen die Alten und jung Gestorbenen und halten die Hände in die Höhe, formen die Wolken, verteilen die jenseitige Zuwendung ungerecht und doch weise, wenn alle Reiche sich im Machtanspruch vernichten. Was bleibt sind magische Tiere, bizarre Hybriden, die meilenlange Wimpern haben, in denen sich die Zuversicht verfängt. 
Eine Woge spült uns fort, nimmt uns die Luft und lässt uns etwas anderes atmen, wenn die Herzschläge über alte Feldwege holpern bis das Rad bricht und die Worte antworten. Die Zerschlagung des Bewusstseins ist ein hehres Ziel, für uns, die wir keine Ziele haben, weil wir uns der Bewegung überlassen wollen, die nicht aus uns selbst heraus entsteht.
Es geht einmal mehr darum, die andere Seite aufzusuchen, die andere Seite zu bewohnen, unbehaust, und doch ausgestreut wie die Zikaden der Dämmerung oder der Glanz auf einer Paprika, die Händler polieren, denen der Verkauf oder die Schönheit alles sind. Die zahmen Fähigkeiten müssen fallen.
Wenn wir im Schlaf die Wachheit töten und auf Forellen die Flüsse befahren ohne Angst vor dem Tauchgang, dann ergeben sich Verbindungen und verschwinden die Gründe, die nur im Wachen so plausibel erscheinen. Wahnsinnig werden, Illusion werden, Fresken aus eigenem Blut an die Decken malen und nichts mehr sein als ein Nichts in der Imagination eines Riesen, der mit seinen Händen den Flusslauf umlenkt und sich vergisst.

Dienstag, 3. Juli 2012

Auf Reisen

Um kurz nach zwei Uhr nachts auf der A5 Richtung Frankfurt bei Butzbach in einem Stau unüberblickbarer Länge zu stehen, ist sicherlich keine optimale Lage, zumal wenn nach etwa dreißig Minuten ein listig blinkendes Auto vorbei fährt, auf dessen Dach in roten Lettern das verheißungsvolle Wörtchen VOLLSPERRUNG in nachdrücklichen Majuskeln in die abgasgeschwängerte Luft strahlt.
Es hätte alles so frustrierend sein können, wenn aus dem Fond mir nicht eine Pfote das Reisespielset entgegengestreckt hätte, denn, das ist der heutige Sonderfall, die Hündin macht bei mir in Frankfurt Urlaub, sie hatte sich das schon länger überlegt, erzählte mir von der Schwanheimer Main-Düne und dass sie eben jene zu erkunden gedenke, sie außerdem für eine innerstädtische Flanerie bereits in Google Maps eine erbauliche Laufstrecke zwischen den Wohnhäusern der Köpfe der Kritischen Theorie ausbaldowert habe, man wolle schließlich, mit Verlaub, als Hündin von Welt, an dem Teilhaben, was der Mensch (hier wandte sie den Kopf spöttisch ab) allgemein als Bewusstseinsbildung bezeichne.
Aber ich schweife ab. Eben jene Hündin also streckte mir unversehens das Reisespielset meiner Kindertage entgegen und äußerte, dass wir durchaus eine Partie wagen könnten, "Malefitz" oder ihretwegen auch "Mensch ärgere dich nicht", selbst wenn der Titel dieses Spiels speziezistisch sei, ihm also ein unvertretbares soziales Konstrukt zugrunde liege - es sei denn, die Erfinder wären, durchaus nicht unberechtigt in ihren Augen, bereits bei der Konzeption davon ausgegangen, dass der Mensch hier, wie in so vielen Lagen, der Unterlegene sei.
Ich werfe ihr an dieser Stelle wortreich einen animalischen Chauvinismus vor, aber sie will davon nichts hören. Stattdessen wählt sie Schwarz als ihre Farbe, stellt die Spielfiguren auf, würfelt mit einem wohldosierten Pfotenhieb und schaut triumphierend auf die gefallene Sechs.
Als auch ich eben würfeln will, fahren die Wagen bereits wieder zaghaft an. Und es ist wie immer: anstatt zu spielen, haben wir uns in eine schnippische Diskussion verstrickt - aber auch das ist eine Weise, die Zeit zu überbrücken, zwischen Bewegung und Stillstand.