Er klingelt nachts bei mir und flüstert: „Hey, wie sieht‘s aus? Mit Kerouac das Bewusstsein chemisch erweitern, mit Baudelaire den weißen Milchsaft des Schlafmohns trinken oder mit Novalis die schweren Flügel des Gemüts im Opiumrausch heben und des Mandelbaums Wunderöl besingen. Na? Wie wär’s?“
Und mal ehrlich, wer von euch hätte da „Nein“ gesagt?!
Als wir dann unterwegs sind, grummelt er: „Sie haben die Welt zubetoniert und überall die gleichen H&M-Filialen eröffnet, das kann man sich einfach nicht mehr schönsaufen. Es ist doch schlimm genug, dass wir Johnny Cash überlebt haben. An dem Tag hätte man einfach abtreten sollen!“
„Mal ruhig“, sage ich, „Frühlingszeit ist Bastelzeit und wir bauen uns jetzt so eine Art Metro in den Kopf und da steigen wir dann ein und schauen mal, ob da ein Licht am Ende des Tunnels brennt.“
„Alter!“, sagt er, und wieder: „Alter!“ Und dann noch: „Du weißt sowas von Bescheid, Mann!“
Später sitzen wir in der Metro und schauen raus. Es rauscht und blitzt und wir fahren durch Räume voller Dinge und Zustände, in manchen schneit es, in anderen liegt Laub, in einem macht ein Typ einen Kopfstand, der original aussieht wie Bret Easton Ellis, der sich als Holden Caulfield verkleidet hat. Gegenüber flitzt eine Halle voller Französischer ASMP-Lenkwaffen mit TN81 Sprengkopf vorbei, dann brennende Wälder, zwei Strandbars, ein Kino, in dem ein Film von den Marx Brothers läuft, Jane Fonda als Barbarella, die Beerdigung von Maguerite Duras – so geht’s Stunde um Stunde weiter und weiter down the rabbit hole.
Am Ende ist alles ruhig und dunkel, wie ausgeknipst. Die Stille ist so total wie die Abwesenheit jeglichen Lichts. Wir stehen vor einer völlig schwarzen Wand und er sagt: „Jetzt ist es soweit. Setz‘ die Sonnenbrille auf!“