Man findet eine alte Brille wieder, die mittlerweile ein
nicht mehr ganz scharfes Bild produziert, reibt sich die Augen und schaut
stundenlang Fotos von früher an.
Da gibt es Menschen, die nun nicht mehr leben, die man
vermisst, schmerzlich vermisst. Deren Verschwinden zum Verdrängten gehört,
damit die Tage leichter fallen.
Diese rohe Realität der Fotos haut einem das ganze Gewesen-Sein
um die Ohren, das ist keine Simulation: es ist so gewesen. Und in der hellen Kammer
tapsen wir umher, zwischen den Zeiten, zwischen alten Kaffeekannen und
Porzellanfiltern, Gesichtern, Nächten und Himmeln.
Die Fotografie entblößt jedes Detail, öffnet die Adern der
Vergangenheit, produziert eine totale Distanzlosigkeit.
Zwischen alledem, den Bildern der Freunde und Dinge und Orte,
erblickt man sich selbst in der Spiegelung einer Scheibe: Schemenhaft halte ich
die Kamera, deren Objektiv eine Wirklichkeit verfügbar macht und entzeitlicht. Was
Barthes „unbedarfte Kontingenz“ nennt hat die Wucht einer Wahrheit, die in
Umrissen wahrnehmbar wird.
Mit Hilfe der Fotografie betreten wir die Ebene des Todes,
betreten die Welt des Gewesenen, des nicht Wiederkehrenden, des Unumkehrbaren.
Und doch flüstert die Fotografie auch leise von Auferstehung.
Und doch flüstert die Fotografie auch leise von Auferstehung.
Es ist dieser Schwindel, der so sehr schmerzt.