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Donnerstag, 16. April 2009

Ich und Welt


Es ist nicht gut. Es ist nicht gut, seine Nächte am Rande der Stadt allein in einem Garten zu verbringen und sich einzubilden, man röche den Wald von ferne.

Es ist nicht gut, die Große Fuge zu hören und sich dabei mit kaltem Weißwein zu betrinken, es ist nicht gut, sich allein zu betrinken, sich zu versichern, dass man sich dabei wohl fühle. Die Große Fuge, ehemals der letzte Satz des Streichquartetts Op. 130, nun allein, hintenangestellt, groß und mächtig, schneidend, sperrig.

Im Haus ist es zu warm, darum sitze ich draußen. Dort ist es still, darum höre ich die Fuge. Ich habe Durst, darum trinke ich den Wein.

Ich bleibe zurück auf dem groben Holzstuhl, dem ich schon fast meinen eigenen Namen gebe, dem Stuhl aus meiner Küche, dem Stuhl, den ich überall mit hinnehme, damit ich einen Platz habe in der Welt. Das Dunkel senkt sich, durch die Büsche kann ich Lichter erspähen, Lichter von Menschen.

Doch kann man ihnen ferner sein, als beim Hören dieser Musik?!

Irgendwer schrieb, in der Großen Fuge sei "der Gegensatz zwischen Ich und Welt überwunden". Für mich ist sie das genaue Gegenteil: der Musik gewordene Gegensatz zwischen Ich und Welt.

Dienstag, 17. März 2009

Heine: Paderborn überzeugt!

Paderborn ist schön!
So schön, dass auch der große Heine nicht umhin konnte, es zu bewundern: Nabel der Welt - der Ort, in dem Karl der Große 777 seine Notdurft verrichtete und würdevoll dabei aussah, Rückzugsort retardierter Poeten, oh' du Rand an meinem schimmeligen Brot - Ja, Paderborn!
Ach, und selbst der Marquis de Sade, Meister klinisch-pathologischer Vergnügungen, hat hier mal genächtigt als - holterdipolter - seine Kutsche mal nicht mehr wollte... aber überlassen wir Heine das Wort, er wird's ja nicht so bös' gemeint haben...


Heine: Gespräch auf der Paderborner Heide...

Hörst du nicht die fernen Töne,
Wie von Brummbaß und von Geigen?
Dorten tanzt wohl manche Schöne
Den geflügelt leichten Reigen.

«Ei, mein Freund, das nenn ich irren,
Von den Geigen hör ich keine,
Nur die Ferklein hör ich quirren,
Grunzen nur hör ich die Schweine.»

Hörst du nicht das Waldhorn blasen?
Jäger sich des Weidwerks freuen,
Fromme Lämmer seh ich grasen,
Schäfer spielen auf Schalmeien.

«Ei, mein Freund, was du vernommen,
Ist kein Waldhorn, noch Schalmeie;
Nur den Sauhirt seh ich kommen,
Heimwärts treibt er seine Säue.»

Hörst du nicht das ferne Singen,
Wie von süßen Wettgesängen?
Englein schlagen mit den Schwingen
Lauten Beifall solchen Klängen.

«Ei, was dort so hübsch geklungen,
Ist kein Wettgesang, mein Lieber!
Singend treiben Gänsejungen
Ihre Gänselein vorüber.»

Hörst du nicht die Glocken läuten,
Wunderlieblich, wunderhelle?
Fromme Kirchengänger schreiten
Andachtsvoll zur Dorfkapelle.

«Ei, mein Freund, das sind die Schellen
Von den Ochsen, von den Kühen,
Die nach ihren dunkeln Ställen
Mit gesenktem Kopfe ziehen.»

Siehst du nicht den Schleier wehen?
Siehst du nicht das leise Nicken?
Dort seh ich die Liebste stehen,
Feuchte Wehmut in den Blicken.

«Ei, mein Freund, dort seh ich nicken
Nur das Waldweib, nur die Lise;
Blaß und hager an den Krücken
Hinkt sie weiter nach der Wiese.»

Nun, mein Freund, so magst du lachen
Über des Phantasten Frage!
Wirst du auch zur Täuschung machen,
Was ich fest im Busen trage?