Dienstag, 25. Februar 2014

Lappen schneiden

Wir hatten die ganzen Dystopien gelesen und sahen, dass es nun bald soweit war, was allerdings mehr mit Castings, Apps und Lifestyle zu tun hat, als man sich das damals so vorgestellt hatte. Wir wünschten uns ja Reisepässe voller biometrischer Daten, geschenkte Betriebssysteme, Birnen aus China, nahezu tierversuchsfreie Crèmes, die ganzen DM-Hauls und Follow-me-arounds. Wir wollten das alles auf Youtube hochladen, die ganzen Selfies machen, Models sein auf TFP-Basis, in Feldern posieren, uns den Arsch in den ganzen dünnen Kleidchen abfrieren, wenn wir verdammt noch mal nur endlich einigermaßen geil und operiert aussähen. Irgendwie begehrenswert und fickbar.
Auf der Höhe der Zeit verpassten wir keine Spiegel-Eilmeldung, retweeteten wir alles, was uns aufs Display kam, empörten uns über die Langsamkeit von Push-E-Mails, zeichneten so ziemlich jede beschissene Petition, die uns gesellschaftlich relevant erschien.Wir glotzten die ganze Scheiße, die man uns in 3D mit 48 fps vorsetzte und diese wahnsinnig witzigen und anspruchsvollen US-amerikanischen Serien, die wir begierig als OV streamten.
Es lief alles so verdammt gut für uns: wir studierten schnell und hart, nannten uns ehrfurchtsgebietend BA, wollten uns endlich verdienen, Verbraucher genannt zu werden, waren Teil der werberelevanten Zielgruppe. Unsere Kommunikation lag offen zu Tage, aber - hey - wir hatten doch auch nichts zu verbergen. Wir waren auf der Seite der Guten, der Gegenwärtigen, die keine Vergangenheit zu bewältigen hatten. Ganz umströmt vom wärmenden Jetzt.

Hätten wir doch nur mal die AGBs und Datenschutzrichtlinien genauer gelesen.