Mittwoch, 21. Oktober 2009

Viele

Semesteranfang, alles überfüllt, kein Platz nirgends, schon gar kein Sitzplatz. Mehr als 300 Leute melden sich an für mein Seminar zum Thema "Suizid und Literatur". Das ist doch deprimierend. Da will man doch nicht hingehen, schon gar nicht im Winter.
Da ich als Dozent im Online-System die Teilnehmerzahlen der anderen Seminare nicht einsehen kann, leihe ich mir - ganz konspirativ - einen Studi-Login - und siehe da, es gibt sie, die Perlen der Einsamkeit. Seminare mit 2 (in Worten: zwei) Anmeldungen, oder auch 4 oder auch 8. Warum soll denn ich, ganz Sisyphos, den Stein allein den Berg hinauf rollen, ihr Lieben? Ich hab sieben Seminare mit durchschnittlich mehr als 100 Studierenden = 700+ Studierende.
Soll denn nicht der eine die Last des anderen schultern? - oder sollte ich lieber sagen: "Sie säen nicht und ernten doch."

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Umgeben von Menschenmassen, aufgewühlt, gedankenleer-
einsam unter Vielen.
Fragend, suchend, hoffend-
die Kälte spürend-
einsam.

Mastix hat gesagt…

Nun, was ernten sie denn? Angenehme Arbeitsatmosphäre, vielleicht. Vielleicht auch eine gelangweilte. Zwei, vier oder acht korrespondierende Meinungen, zwei Stunden die Woche, fünfzehn mal pro Semester. Wie öde. Der Nutzen des Vergleichs bleibt fraglich. Wie mag sich ein Dozent fühlen, vor Leidenschaft für sein Thema strotzend, zu dessen Seminar sich ganze zwei Studierende anmelden? Oder 4? Oder nur 4 halbe, da geistig abwesend? Der einsame Lehrende, jährlich 10 Stundenten pro ein Seminar, in der Promotion ein summa cum laude, auf meinprof.de reicht es gerade so für ein knappes "Ausreichend". Erstrebenswert? Die Last des anderen, den Beipackzettel des Erfolges mit den vielen belastenden Nebenwirkungen, zu schultern ist die eine Sache. Werden dann nicht aber auch die Lorbeeren des anderen zu Dumpingpreisen mit verkauft? Die Kunst ist doch, vor 200 Menschen so zu spielen, als ob nur einer vor einem säße und 199 hörten zufällig mit...

Anonym hat gesagt…

...fassen Sie es als Kompliment auf!