Sonntag, 13. November 2011

Rochade

Pessoa legt Hut und Mantel ab, die schwarzen Schuhe glänzen wie frischer Kaffee. Er kniet sich vor die Truhe und verstaut drei seiner Schatten darin. In den Spiegeln die Gesichter der anderen, die sich für eine andere Sprache und andere Worte verbürgen, Futuristen, Romantiker, sogar Realisten. Sie alle versammeln sich um ihn, schlagen in der Stille die Augen nieder. 
Die große Müdigkeit klopft sachte an die Tür, das Licht sieht sich aus dem Zentrum des Raumes gedrängt, nicht abgeschickte Briefe lesen sich flüsternd in fremden Sprachen selber vor.
Ein kalter Wind weht durch die Rua Coelho da Rocha als Pessoa mit zittriger Schrift auf das leere Blatt schreibt:
"I know not what tommorow will bring."

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Wir können uns im Geiste eine andere Biografie zurechtlegen, können unser Leben träumen und im Traum in ein anderes Leben entfliehen. Es kann hilfreich sein, wenn die Realität schmerzhaft ist, sich wie Pessoa Heteronyme zuzulegen. Aber man läuft ein wenig Gefahr sich zu verlieren.
Was die Zukunft bringen wird, wissen wir alle nicht, aber uns in die Zukunft hineinträumen können (und tun) wir.